Die Tort(o)ur zur Tour

Oje, der Serac ist jede Minute zum Abbruch bereit und der Wetterbericht für Morgen auch nicht gerade rosig! Jetzt ist guter Rat teuer! Schließlich steht kein Kindergeburtstag sondern der Bumiller- Pfeiler am Piz Palü am Programm. Aber nach einem Besuch im ansässigen Bergführerbüro in Pontresina ist schnell klar: ein anderes Ziel muß her! Die Frage ist nur: welches? Endlose Telefonate mit Floh lassen uns letztendlich die Entscheidung treffen: auf zu den Churfirsten, hoch über dem Walensee. Gesagt, getan! Floh kommt gegen 19:30h angereist, ich bin schon eher da.

Nicht der „Pause- Extrem- Klassiker“ am Zuestoll durch die „Alte Südwand“, nein, eine neue, moderne, alpine Sportkletterroute, die „Chico Mendez“ soll es werden. Genau bis 14h haben wir laut Wetterbericht Zeit, dann kommt mit ziemlicher Sicherheit der Regen! Wenn wir schon nicht „Pause“ klettern, dann darf ich ihn wenigstens zitieren: „…lässt sich der schwierige, bei Nässe nur mit größtem Risiko durchzuführende Zugang zum eigentlichen Einstieg…“. der nächtliche Regen hat das seinige dazu beigetragen, dass wir letztendlich beinahe am Zustieg gescheitert wären! Erdboden rutschig wie Schmierseife, dazu beinahe senkrechtes, ja überhängendes, klitschnasses Grasgelände! Wir packen das Seil aus und sichern in der grünen Wiese, bravo! Aber ein Ausrutscher hätte das sichere Ende dieser Tage bedeutet! 2 ½ Stunden später und nervlich am Ende: Gottseidank wir sind heil am Einstieg. Aber an einen gemütlichen Klettertag an einer warmen, sonnenbeschienen Südwand denken wir schon lange nicht mehr: sehen tun wir nichts, zu tief hängt der Nebel, aber wenigstens ist der Fels trocken! Und das ist auch gut so, sind doch die ersten beiden Seillängen in steilem, plattigem Fels nicht gerade jene Kletterei, die Floh und ich als alte Alpinisten so wirklich gerne haben. Der Floh mags zwar nicht, aber wenigstens kann er’s und so übernimmt er dankenswerterweise auch die Führung! Zwar ist die Kletterei moralisch anspruchsvoll, da die schweren Passagen zwingend geklettert werden müssen, aber allemal fühlen wir uns in der Wand um vieles sicherer als beim lebensgefährlichen Zustieg! Nachdem wir nun den ersten Plattenschock überwunden haben, erweist sich die steile, als wirklich geile Tour mit anhaltend anspruchsvollen Kletterpassagen. So steigen wir höher und höher und wäre am Gipfel nicht ein Kreuz, wir wären vermutlich vor lauter Nebel darüber hinaus. Sei‘s drum, wir sind tatsächlich oben angelangt. Der Gipfel des „Zuestoll“, welch klingender Name, ist unser und tschigg sind wir nach der „Chico Mendez“ auch. Nach 6 Abseilern bei leichtem Nieseln durch die wirklich überhängende Wand und einen über die, nicht ganz überhängende Wies’n lassen wir erleichtert, ob des weiteren, gelungenen Abstiegs, gegen 17.00h den verdienten Radler in uns hinein gluckern. Entgegen aller Vermutungen haben wir heute letztendlich doch noch gewonnen und wieder einmal einen unvergesslichen Klettertag ERlebt und Zu- und Abstieg ÜBERlebt! Übrigens, mittlerweile hat es so richtig zu regnen begonnen…